Auf dieser Unterseite zum Arbeitsrecht stelle ich Ihnen interessante Urteile der Arbeitsgerichtsbarkeit vor.
Mit dem vorgenannten Urteil hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) über die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung des Verleihbetriebs gegenüber einem Leiharbeitnehmer zu entscheiden gehabt. Der konkrete Sachverhalt war so, dass der Arbeitnehmer als Vorarbeiter im Bereich der Reinigung von Verkehrsflugzeugen im Einsatzbetrieb beschäftigt gewesen war. In dem Personalleihvertrag zwischen Verleiher und Entleiher war festgelegt worden, dass überlassene Mitarbeiter auf Wunsch des Entleihers nach bestimmten Kriterien aufgrund eines Rahmenvertrages zwischen Verleiher und Entleiher später ausgetauscht werden konnten. Dabei verzichtete der Verleihbetrieb auf das übliche Recht (das aus dem Wesen der Gattungsschuld resultiert), den betreffenden, dort eingesetzten Mitarbeiter selbst gegen einen anderen Mitarbeiter auszutauschen. Ein Austauschrecht sollte in Abweichung von diesem gesetzlichen Grundsatz nur für den Entleihbetrieb/Einsatzbetrieb gelten. Weil so der auf Wunsch des Entleihers auszutauschende Arbeitnehmer aus vertraglichen Gründen nach dem Rahmenvertrag nicht mehr im Einsatzbetrieb eingesetzt werden konnte, entließ der Verleihbetrieb diesen und ging von einer betriebsbedingten Kündigung mit ordnungsgemäßer Sozialauswahl aus.
Streitig zwischen Arbeitnehmer und Verleiherbetrieb war dann die fehlerfreie Sozialauswahl. Weil der Verleih von Arbeitnehmern grundsätzlich eine Gattungsschuld ist (Leistung in mittlerer Art und Güte und nicht Leistung durch eine bestimmte Person), hatte der Verleiher zu prüfen, ob er den ausgetauschten Mitarbeiter an anderer Stelle als verliehenen Arbeitnehmer in dem gleichen Betrieb/Einsatzbetrieb einzusetzen hatte. Dort verblieben noch zahlreiche, nicht ausgetauschte Arbeitnehmer des Verleihers. Ein Austausch auf Veranlassung des Verleihers scheiterte hier also an dem geschlossenen Rahmenvertrag.
Im Ergebnis führt das Bundesarbeitsgericht in dem oben zitierten Urteil aus, dass eine vertragliche Bindung zwischen Entleiher und Verleiher, einzelne Mitarbeiter auf Wunsch des Entleihers auszutauschen, nicht dazu führe, dass die nicht ausgetauschten Mitarbeiter des Verleihers beim gleichen Entleiher von der Sozialauswahl auszunehmen sind. Im Ergebnis kann also eine dahingehende vertragliche Bindung des Entleihers, gegen Grundsätze der Sozialauswahl zu verstoßen, nicht dazu führen, das eine Sozialauswahl in einem Kündigungsschutzverfahren unter Einbeziehung der verbliebenen und nicht ausgetauschten Mitarbeiter entfallen könne. Bereits die Vorinstanz, das hessische LAG (Urt. v. 09.12.2011, 10 Sa 438/11), hatte in dieser Weise, so wie das BAG, entschieden.
Oftmals streitig sind Abgrenzungen zwischen einem freien Mitarbeitervertrag und einem Arbeitsvertrag. Im vorliegenden Fall war zwischen einer Presseagentur und einem programmgestaltenden Mitarbeiter ein Vertrag geschlossen, der ausdrücklich als freier Mitarbeitervertrag bezeichnet worden ist. Die Klägerin arbeitete als Redakteurin monatlich rund 80 Stunden zu einem Stundensatz von 20,00 € pro Stunde.
Das Arbeitsgericht Stuttgart führte in seinem Urteil aus, dass „entgegen der ausdrücklich getroffenen Vereinbarung auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern ein Arbeitsverhältnis vorliegen könne, wenn diesen Mitarbeitern ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigentinitiative und Selbstständigkeit verbleibe und die Arbeiten auch in zeitlicher Hinsicht zugewiesen werden“. Eine solche Arbeitnehmereigenschaft sei dann nicht gegeben, wenn ein Redakteur auf Themen inhaltlich Einfluss nehmen könne und Zeitungsartikel eigenverantwortlich im Wesentlichen frei von fremder Kontrolle inhaltlich und sprachlich erarbeite, sodass diese Artikel ihm als Verfasser zugeordnet werden können und er durch namentliche Nennung nach außen auch als Verfasser erkennbar werde. Das sei darüber hinaus nicht der Fall, wenn dem Redakteur bei der Arbeitsleistung in zeitlicher und örtlicher Hinsicht Freiräume verbleiben, eine gewisse organisatorische Einbindung stehe dem nicht entgegen. Einer freien Mitarbeit steht auch nicht entgegen, dass Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wie bei einem Arbeitsverhältnis abgeführt würden.
Im Ergebnis führte die Klage der Redakteurin (Statusklage) mit dem Begehren, eine Arbeitnehmerin der betreffenden Presseagentur zu sein, nicht zum Erfolg.
Dem Arbeitnehmer war bei dieser Rechtssache vom Arbeitgeber vorgeworfen worden, Firmengelder für eigene private Zwecke verwendet zu haben. Der Arbeitgeber nahm zu einer Ergänzung bzw. Konkretisierung des Betrugsvorwurfs (Arbeitnehmer beglich zu Lasten des Arbeitgebers Rechnungen über Terracottafliesen, obwohl beim Arbeitgeber keine derartigen Fliesen verlegt waren, dagegen aber in der Einfahrt des EFH des Arbeitnehmers) keine weitere Hörung des Arbeitnehmers mehr vor und ergänzte in der seinen Sachvortrag in der 2. Instanz. Er erhielt schließlich vom LAG Recht mit seiner Rechtsauffassung. Eine Revision des in der 2. Instanz unterlegenen Klägers wies das BAG ab. Eine erneute Hörung des verdächtigen Arbeitnehmers sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich nicht um ein neu vorgetragenes Vergehen handelte, sondern nur um den Verdacht erhärtende Umstände, mit denen ein konkreter Verstoß durch den Arbeitgeber vorgetragen worden ist. Im Verfahren hat der Arbeitnehmer den Vorwurf nur bestritten. Eine Rechnung für die eigenen Terracottafliesen vor seinem Haus hat er nicht im Verfahren vorgelegt. Dies hatte möglicherweise den Verdacht zerstreuen können. Im Berufungsverfahren können nach der Rechtsprechung des BAG nicht nur verdachtserhärtende Umstände nachgereicht werden, sondern sogar ganz neue, eigenständige Vorwürfe erhoben werden, sofern die Tatsachen bei Ausspruch der Kündigung bereits objektiv vorlagen, dem Arbeitgeber aber noch nicht bekannt gewesen waren (siehe BAG Urt. v. 06.09.2007, 2 AZR 264/06). Hätte es sich bei dem konkret vorgetragenen Vorwurf um eine neues Verhalten des Arbeitnehmers gehandelt, hätte der Kläger den Prozess aus formalen Gesichtspunkten wegen mangelnder Hörung durch den Arbeitgeber gewinnen können, weil der Arbeitgeber auf eine erneute Hörung des Betriebsrates (hier zu recht) verzichtet hatte.
Der Kläger, Chefarzt in einem Landeskrankenhaus, erhielt von seinem Arbeitgeber 3 fristlose, hilfsweise jeweils ordentliche Kündigungen. Ihm war von der Klinikleitung vorgeworfen worden, während laufender Operationen Telefongespräche teils privater Natur geführt zu haben.
Dabei hatte die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger teilweise sein Diensthandy mit in den Operationsraum genommen hatte. Der Grund lag darin, dass der Arbeitgeber aus Kostengründen keine Besetzung des Sekretariats über die vollständigen Dienststunden eingerichtet hatte. Er duldete daher das Telefonieren auf dem Diensthandy nicht nur beim Kläger, sondern auch bei anderen Operateuren der Klinik, zumal dieses nicht oft vorkam. Der Kläger soll aber auch sein privates Handy mit in den Operationssaal genommen haben. Hier kam es zu mindestens 2 Anrufen, die bis maximal 2 Minuten gedauert hatten.
Der Arbeitgeber argumentierte mit seinen diversen Kündigungen dahingehend, dass eine Annahme von Handyanrufen im Operationssaal die Konzentration nicht nur des Arztes, sondern auch des medizinischen Personals störe. Dadurch steige das Risiko von Kunstfehlern. Ferner sei im Operationssaal ein nicht steriles Gerät ein Gesundheitsrisiko für die Patienten.